Von der Pancake Bay geht’s weiter am Lake Superior entlang. Wir essen die besten Apple Fritters der Welt in einer Tankstelle am Highway. Das ist ein süßes und wie der Name schon sagt frittiertes Gepäck mit Apfelstückchen und bestäubt mit Puderzucker. Nach der Zucker-Fett-Bombe geht’s weiter nach Sault St. Marie, einer so semi schönen Stadt, aber wenigstens finden wir eine spottbillige Tankstelle in einem Reservat der First Nations. Benzin ist in Kanada aber im Vergleich zu Deutschland sowieso viel günstiger: 1 Liter kostet umgerechnet etwa 0,60 Euro-Cent. Von „The Soo“ ballern wir die knapp 350 km bis zu unserem nächsten Ziel an einem Stück, immer entlang des Trans-Canada-Highways. Zwar ist der Lake Superior in St. Sault Marie sozusagen zu Ende, aber man muss nicht traurig sein: Die Fahrt entlang der Küste ist gesichert. Nicht weit hinter St. Sault Marie beginnt nämlich bereits der Lake Huron, der ebenso wie der Lake Superior zu den Great Lakes gehört.
Auf Manitoulin Island hoffen wir, unsere liebsten Slowenen Sandra und Andrej wieder zu treffen. Die wollen ihre Workaway Gastgeber vom letzten Jahr besuchen, bevor sie Ende Oktober nach anderthalb Jahren Kanadaabenteuer wieder nach Hause fliegen. Wir schaffen den langen Weg und kommen nach 5 Stunden Fahrtzeit erschöpft vor Manitoulin Island an. Wir wollen diese Nacht nicht mehr im Dunkeln auf die Insel fahren, sondern auf der direkt davor liegenden Goat Island auf auf einem Stück Crown Land stehen. Crown Land ist in Kanada öffentliches Land, dass jeder Kanadier frei benutzen kann, z. B. zum Jagen und Campen. Nicht-Kanadier brauchen eigentlich eine Genehmigung, aber wir zählen uns mittlerweile als Kanadier, also ist uns das wurscht. Meist sind die Crown Land Spots wunderschön gelegen, an Seen oder Buchten wie der Pancake Bay am Lake Superior. Auch ist es typisch, dass man meist allein ist und die Natur und die Ruhe für sich hat, denn die Spots liegen in ländlichen Regionen und der Anfahrtsweg ist manchmal etwas beschwerlich und erst nach langen Fahrten über mit Schlaglöchern gespickte Schotterpisten zu erreichen. Wir erwarten also mal wieder einen wunderbaren, kostenlosen Stellplatz direkt am Ufer des Lake Hurons, als wir auf der kleinen Goat Island ankommen. Ich habe den Spot wie fast immer über die App iOverlander gefunden. Doch ein paar Kilometer bevor Chrissi abbiegen soll, verschwindet die Markierung auf der Karte plötzlich. Häh? Was da jetzt los? Und tatsächlich, auch nach Beenden der App und sogar einem Neustart meines Telefons ist der Spot verschwunden. Es ist dunkel, Elliotts Scheinwerfer sind nicht der Rede wert – und wir finden diesen verdammten Spot nicht. Weil wir müde sind, parken wir an einer kleinen Bootsanlegestelle und bleiben dort für die Nacht, wir können morgen immer noch nach dem Crown Land Platz Ausschau halten. Der Platz ist nicht der schönste, der Highway ist nah, aber immerhin gibt es in der Nacht kaum Verkehr und es ist vergleichsweise ruhig. Außerdem fängt es an zu regnen, was die Qualität eines Übernachtungsstellplatzes sowieso irgendwie trivial erscheinen lässt – so lange wir zumindest halbwegs gerade stehen, ist alles gut.
Am nächsten Morgen fahren wir dann über eine Schwingbrücke auf die Insel und machen den ersten Stopp bei „The Port“ – denn ich hab absoluten, unstillbaren Heißhunger auf Fish & Chips. Eigentlich versuchen wir auf die meisten tierischen Produkte zu verzichten. Aber manchmal muss man seinen Gelüsten nachgeben und so essen wir 5 Minuten nach Ladeneröffnung sozusagen zum Frühstück morgens um 11 Backfisch und fettige Pommes. Geil! Weiter geht’s auf die Insel. Wir haben nicht so den richtigen Dunst, was wir eigentlich überhaupt machen wollen und halten erstmal beim Visitor Center, um uns eine Karte und ein paar Tipps zu holen.
Manitoulin Island liegt im Lake Huron und ist die größte Süßwasserinsel der Welt. Auf der Insel selbst gibt es wiederum mehr als hundert kleinere Seen, von denen manche Inseln haben – Inseln in Seen auf einer Insel im See also :D. Auf Manitoulin leben viele Angehörige der First Nation der Anishnaabeg. Wir hoffen, ein bisschen mehr in indigene Kultur eintauchen zu können. Unser erster Stopp ist aber ein Wasserfall, die Bridal Veil Falls (warum die im Englischen im Plural sind, weiß ich nicht, gefunden haben wir jedenfalls nur einen). Der Weg ist nicht weit, obwohl die kürzeste Strecke aufgrund von Covid-Vorsichtsmaßnahmen geschlossen ist. Es sind außer uns auch noch ein paar Menschen unterwegs, aber auch hier kehrt Anfang Oktober schon ein bisschen die Winterruhe ein. Doch die Herbstfarben leuchten wunderschön, und auch der Wasserfall ist nett anzuschauen. Auf ein Bad verzichten wir aufgrund der Temperaturen jedoch (obwohl wir dringend baden müssten).
Wir düdeln mit Elliott noch ein bisschen über die Insel und stoppen am weißen Sandstrand. Restaurants und Cafés haben zu, vielleicht wegen der Nebensaison, vielleicht auch wegen Covid. Wir spazieren barfuß am Strand und lassen uns die steife Brise um die Nase wehen. Wie am Lake Superior auch, hat man am Lake Huron das Gefühl, dass man eher am Meer als an einem See ist. Wind und Wetter sprechen dafür. Da wir auf der Insel selbst nicht so wirklich wildcampen können und Großteile leider gesperrt sind (die Straßen zu den Reservaten sind aufgrund steigender Covid-19 Fallzahlen gesperrt worden), versuchen wir es nochmal mit dem Crown Land Spot direkt vor der Insel. Wir finden ihn schließlich auch, und stellen fest, dass wir an besagter Stelle schon die Nacht davor waren – aber wieder weggefahren sind, weil ein großes „No Overnight Camping“-Schild das Wildcampen untersagt. Diese Nacht entscheiden wir uns aber dafür, darauf zu pfeifen und bleiben direkt am See.
Am Ende unserer paar Tage auf Manitoulin treffen wir schließlich endlich Sandra und Andrej. Die Wiedersehensfreude ist groß, als die beiden mit ihrem kleinen silbernen Honda auf den Mc Donalds Parkplatz einbiegen (wir werden ihre Gelüste für dieses Unternehmen nie so wirklich nachvollziehen können). Wir tauschen uns über unsere letzten Monate aus, trinken einen Kaffee und dann heißt es leider auch schon wieder Abschied nehmen – doch nicht für immer, das ist klar.